"Jetzt erst recht"
6. Februar
2009, 02:32 Uhr
Märklin-Mitarbeiter geben sich kämpferisch -
Insolvenzverwalter greift Finanzinvestoren an
Nürnberg - Nach der Insolvenz des Modellbahnherstellers
Märklin geben sich Geschäftsleitung und Insolvenzverwalter
kämpferisch. "Märklin ist eine sehr starke Marke und eine, die
positive Emotionen weckt", sagte der vorläufige
Insolvenzverwalter, Michael Pluta auf der Spielwarenmesse in
Nürnberg. Das 150 Jahre alte Unternehmen habe große Chancen, die
Krise zu meistern. "Unser Lieblingsmodell wäre, jetzt einen
Mittelständler zu finden, der Herzblut für die Entwicklung der
Firma mitbringt", sagte Pluta.
Auch die Leitung des
Unternehmens gibt sich zuversichtlich. "Wir sind absolut
optimistisch", betonte der für Technik und Produktion zuständige
Märklin-Geschäftsführer Dietmar Mundil. "Wir haben eine gute
Mannschaft, die sich mit Märklin verbunden fühlt und denkt:
Jetzt erst recht", sagte er.
Das Traditionsunternehmen hatte am Mittwoch beim Amtsgericht
Göppingen Insolvenz beantragt. Die Löhne und Gehälter der rund
700 Mitarbeiter seien durch das Insolvenzgeld für drei Monate
gesichert, sagte Pluta. "Das bringt Beruhigung für die
Mitarbeiter."
Pluta betonte, dass eine Insolvenz nicht automatisch das Aus
für die Firma, sondern lediglich das Aus des Gesellschafters
bedeuten. "Und das kann auch eine Chance sein". Der bisherige
Gesellschafter Kingsbridge Capital habe ohnehin nur finanzielles
Interesse an Märklin gehabt habe. Die Insolvenz könne eine Art
"Befreiung" des Unternehmens vom bisherigen Eigentümer sein.
Dort habe das "Herzblut" gefehlt. "Keiner sagt: Schade, dass die
weg sind", meinte Pluta. Erste Gespräche mit Interessenten führe
er auf der Spielwarenmesse, sagte Pluta. Für Ergebnisse sei es
allerdings noch viel zu früh.
Als erste Maßnahme würden die zahlreichen externen
Unternehmensberater nicht weiter beschäftigt, die zum Teil
jährlich zweistellige Millionenbeträge verschlungen hätten. "Das
habe ich sofort eingestellt", sagte Pluta. Es sei bei Märklin in
der Vergangenheit offensichtlich zu viel unnütz beraten und viel
zu wenig gehandelt worden. Nun gelte es, die Produktpalette zu
überprüfen, zu sehen, wo die hohen Verluste aufgelaufen seien
und dafür zu sorgen, dass die Fertigung normal weiter laufe.
Darauf setzen auch die Kunden. "Wenn Märklin nicht überlebt,
dürfte das weitreichende Folgen für die Branche haben",
befürchtet Joachim Reinhard, der ein Portal für
Modellbahn-Zubehör im Internet betreibt. Auch der Vorstandschef
des Spielwarenverbandes Vedes, Thomas Märtz, ist besorgt. "Wenn
ein Traditionsunternehmen wie Märklin insolvent ist, betrifft
das natürlich auch die Händler". Er hoffe auf eine schnelle und
vernünftige Lösung.
Wilfried Wulfert zweifelt nicht an der Rettung: "Ich bin
absolut optimistisch", betonte der Spielwarenhändler aus
Fürstenfeldbruck. Der 58-Jährige ordert deshalb auch in diesem
Jahr fleißig bei Märklin. "Weil ich davon überzeugt bin, dass es
weiterläuft". Märklin sei schließlich der Inbegriff für
Modelleisenbahnen.
Auch Insolvenzverwalter Pluta macht den Modellbahnern
Hoffnung. Märklin sei eine extrem bekannte Marke mit großer
Fangemeinde. "Der Markt wünscht, dass sie erhalten bleibt. Dafür
haben wir klare Signale." So sei mit einem der wichtigsten
Kunden, dem Einkaufsverbund idee+spiel, bereits vereinbart
worden, die Kooperation trotz Insolvenz fortzusetzen.
Ob das Unternehmen mit den Modellbahn-Marken Märklin, Trix
und LGB aufgeteilt werde, sei zweitrangig. "Entscheidend ist die
Versorgung des Marktes mit Produkten." Auf der Spielwarenmesse
gehe es darum, Händler und Lieferanten zu informieren und zu
beruhigen. "Wir müssen Aufträge schaufeln", sagte
Insolvenzverwalter Pluta. dpa/AP